An der Hochschule Zittau/Görlitz führen wir am Fachbereich Informatik in regelmäßigen Abständen auch Weiterbildungen für Erwachsene durch, z.B. in den Bereichen der Programmierung oder Webentwicklung. Die Weiterbildungen finden jeweils an einem einzigen Tag statt. Dementsprechend gilt an diesem Tag ein straffer Zeitplan, denn wir wollen eine Menge Wissen vermitteln! Die Dozenten einer Weiterbildung stehen im Vergleich zur normalen Hochschullehre vor einer besonderen Herausforderung: Am Ende eines Tages sollen die Teilnehmer das sichere und angenehme Gefühl haben, dass
- sie etwas Wesentliches Neues gelernt haben,
- das neue Wissen für sie nutzbringend ist,
- das neue Wissen sofort anwendungsbereit ist,
- diese Weiterbildung im Vergleich zum Selbststudium viel effizienter war.
Diese Ziele können nur erreicht werden, wenn die Teilnehmer den ganzen Tag über aufnahmefähig bleiben. Sobald sich aus bestimmten Gründen Überforderung, Verwirrung oder Stress einstellen, sinkt die Lernfähigkeit rapide und die restlichen Lehrstunden rauschen nutzlos an den Teilnehmern vorbei. Die große Kunst ist es also, den ganzen Tag über ein konstantes, entspanntes Arbeitsklima zu erhalten. Aus Erfahrung möchte ich einige Punkte aufzählen, die dazu beitragen, dass die Teilnehmer den maximalen Mehrwert aus der Veranstaltung ziehen können:
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- Lange Vorträge sind ermüdend. Einleitende Vorträge sollten sich nicht zu lange hinziehen. Die eigentliche Herausforderung für die Teilnehmer ist die praktische Arbeit am Computer - ein langer Vortrag stiehlt wertvolle Zeit, die später benötigt wird, um die Teilnehmer beim eigenen Arbeiten am PC zu unterstützen. Ungefähr 30 Minuten sind in Ordnung, alle weiteren Erklärungen sollten an passenden Stellen in den praktischen Teil integriert werden.
- Code-Demo am Beamer: deutlich sichtbar, lange sichtbar. Oft wird am Beamer etwas vorprogrammiert, was die Teilnehmer am eigenen PC nacharbeiten müssen. Planen Sie unbedingt genügend Zeit zum Durchlesen und ggf. Abtippen ein, stellen Sie die Schrift auf eine ausreichende Größe und arbeiten Sie Schwarz auf Weiß. Ein Code-Editor mit schwarzem Hintergrund ist am Beamer in einem Raum mit mehr als 20 Teilnehmern nicht für alle Leute gut lesbar. Die benötigten Code-Bausteine und Zwischenstände sollten zudem gemeinsam mit einer schriftlichen Anleitung auf den PCs der Teilnehmer vorhanden sein. Das Material kann genutzt werden, um schnell wieder auf den aktuellen Stand zu kommen und es kann außerdem zum Nachlesen mit nach Hause genommen werden.
- Weniger ist mehr. Planen Sie Zeit für intensives Üben und Wiederholen ein. Als Dozent bzw. Experte wissen Sie natürlich, dass die Thematik noch viel breit gefächerter ist und dass man noch viel tiefer in die Materie eindringen müsste, um sie vollständig zu beherrschen. Daher besteht die große Gefahr, dass Sie versuchen, dass Wissen in voller Breite und Tiefe im Kurs zu thematisieren. Was die Teilnehmer davon mitnehmen, ist lediglich ein Überblick, eine Liste mit Begriffen und Konzepten, die sie sich nach dem Kurs in Eigenregie erarbeiten müssen. Das ist für sie kein befriedigendes Ergebnis und kein unmittelbarer Nutzen. Ein Lern- und Erfolgserlebnis stellt sich dann ein, wenn in einem begrenzten, gut abgestimmten Themenbereich ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt wird, um zu verstehen, zu üben, zu wiederholen und individuelle Fragen zu stellen.
- Unterschätzen Sie nicht die Zeitfresser! Zeitfresser lauern überall und sprengen den noch so fein abgewogenen Zeitplan:
- Technikprobleme wie z.B.: Die Teilnehmer müssen sich zu Beginn am PC anmelden. Bei einigen Teilnehmern klappt das Login nicht, der Administrator muss gerufen werden.
- Die Teilnehmer unterhalten sich angeregt in der Pause, die Veranstaltung kann erst mit 15 Minuten Verspätung fortgesetzt werden.
- Es treten mehr individuelle Fragen auf als erwartet.
- usw.
Diese Zeitfresser lassen sich in der Regel nicht vermeiden, aber sie müssen einkalkuliert werden. Sie müssen dafür sorgen, dass keine Hektik ausbricht. Es bringt nichts für den Lernerfolg, wenn Sie auf einmal im doppelten Tempo arbeiten, weil Ihr Zeitplan sonst nicht aufgeht.